Der Bundesfinanzhof hatte zu klären, ob es einem Steuerpflichtigen rechtlich möglich ist, auch nach Bestandskraft der Ursprungsveranlagung im Rahmen der gegen die Änderungsbescheide gerichteten Einsprüche sein Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlungsart neu auszuüben, um Mehrergebnisse aus einer Betriebsprüfung zu glätten.
Mit seiner Entscheidung stellte der Bundesfinanzhof deutlich die Grenzen klar, die für den Wechsel der Gewinnermittlungsart nach § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG gelten: Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich sei der gesetzessystematische Regelfall. Die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (kurz: EÜR) komme nur bei Erfüllung der in § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Voraussetzungen in Betracht. Des Weiteren bleibe der Steuerpflichtige für den betreffenden Gewinnermittlungszeitraum an die einmal getroffene Wahl gebunden, es sei denn, er lege eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse und einen vernünftigen wirtschaftlichen Grund für den Wechsel dar. Kein solcher (wirtschaftlicher) Grund sei die „Glättung“ von Gewinnerhöhungen infolge einer Außenprüfung (Az. X R 1/23).
Im Streitfall ermittelte der Kläger seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Im Jahr 2012 stellte er die Gewinnermittlung auf den Betriebsvermögensvergleich um. Für das Streitjahr 2016 reichte er bei vorhandenem Wahlrecht zusammen mit seiner Erklärung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und der Gewerbesteuererklärung eine auf den 31.12.2016 erstellte Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (Jahresabschluss) ein. Damit war die Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EStG für dieses Jahr maßgebend. Das Finanzamt stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß gesondert fest und ermittelte den Gewerbesteuermessbetrag mit 0 Euro. Beide Bescheide standen nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Einsprüche gegen diese Bescheide legte der Kläger nicht ein.
Nach einer Außenprüfung mit der Folge einer Gewinnerhöhung wollte der Kläger diese Gewinnermittlung in eine Überschussermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG (EÜR) ändern. Das angerufene Finanzgericht Thüringen gab dem Kläger unter Verweis auf § 177 der Abgabenordnung (AO) Recht und ließ die Änderung im Rahmen dieser Vorschrift zu.
Der Bundesfinanzhof dagegen wies die Klage ab. Das Finanzgericht habe zu Unrecht entschieden, dass der Kläger seine Gewinnermittlungsart für das Streitjahr ändern konnte. Der Kläger habe im Streitjahr die Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht mehr erfüllt, weil er durch die Aufstellung des Jahresabschlusses sein Wahlrecht bereits ausgeübt hatte. Ein Steuerpflichtiger könne nicht willkürlich bzw. ohne einen „vernünftigen wirtschaftlichen Grund“ beliebig zwischen diesen beiden Gewinnermittlungsarten hin und her wechseln, wenn er die Wahl einmal getroffen habe. Zunächst müssen bei den beiden Gewinnermittlungsarten die Voraussetzungen für das Wahlrecht vorliegen. Wenn z. B. aufgrund der Rechtsform oder der Höhe des Gewinns eine Verpflichtung zur Gewinnermittlung durch Bilanzierung besteht, entfällt ein Wahlrecht. Liege dagegen das Wahlrecht vor, dann könne es durch die Einreichung einer EÜR oder eines Jahresabschlusses gegenüber dem Finanzamt ausgeübt werden. Der Steuerpflichtige bleibe nach einem Wechsel der Gewinnermittlungsart für drei Wirtschaftsjahre an diese Wahl gebunden; nur bei Vorliegen eines besonderen Grundes könne er vor Ablauf dieser Frist wieder zurückwechseln. Lege er die Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse und einen vernünftigen wirtschaftlichen Grund für den erneuten Wechsel der Gewinnermittlungsart dar, so könne sogar ein mehrfacher Wechsel der Gewinnermittlungsart auf den gleichen Zeitpunkt zuzulassen sein. Im Streitfall konnte der Kläger allerdings keinen „vernünftigen wirtschaftlichen Grund“ vorbringen, der eine Änderung rechtfertigen könnte. Allein der Umstand, dass der Kläger durch den Wechsel zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung eine Gewinnerhöhung infolge der Außenprüfung „glätten“ wollte, reiche hierfür nicht aus. Damit hätten sich nicht die wirtschaftlichen Verhältnisse geändert.
Des Weiteren lasse § 177 AO kein anderes Ergebnis zu. Rechtsfehlerhaft im Sinne von § 177 AO seien die beiden Bescheide des Finanzamts nicht, denn sie basierten auf den Steuererklärungen des Klägers (in denen er in zulässiger Weise von seinem Recht zur Wahl der Gewinnermittlung Gebrauch gemacht hat) und setzen diese zutreffend um. Eine selbstständige Rechtfertigung, die getroffene Wahl zu ändern, enthalte § 177 Abs. 1 AO nicht.
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